Der Abiturient dudelte auf seinem Plattenspieler das Stück rauf und runter. Duran Duran gehörte zu den New Romantics. Und ich fand den Titel unerhört wie auch ungewöhnlich. Dass er auf dem Schulfest glatt zwei Stunden ununterbrochen gespielt wurde, machte ihn nicht gefälliger. – Gefallen hatte ich an S. Sie war das schönste Mädchen unseres Jahrgangs. Die vollen zwei Stunden, die der Titel gespielt wurde, starrte ich sie an. Nicht nur ich. Alle wollten S. Lange, dunkelblonde Haare. Rehbraune Augen. Ein wundervolles Gesicht. Als wir im neuen Jahrgang ins Kurssystem kamen, hatten wir zusammen Gemeinschaftskunde. Ich habe alles dafür getan, neben ihr zu sitzen. Ich konnte mich neben ihr nicht auf den Unterricht konzentrieren. Die Stunden waren schön. Allein der Lehrer hatte gestört. Einmal wurden Arbeitsblätter ausgeteilt. S. gab die Papiere von links kommend an mich weiter. Und ich war so elektrisiert, von ihr einen Stapel Arbeitsblätter in die Hand zu erhalten, dass ich vergaß, den Papierstapel nach rechts weiterzureichen. Der Lehrer tadelte mich, dass ich so unaufmerksam war. Aber er irrte sich. Auf das wirklich wichtige war mein ganzes Augenmerk gerichtet: S. Dass ich mehrere Punkte in meiner Kursleistung abgerutscht war, erschien mir als ein tragbarer Kollateralschaden meiner Verliebtheit. Als ich mitbekam, wie sie wegen einer missglückten Mathearbeit weinte, war mein Tag gekommen: „Ich gebe dir Nachhilfe.“ Von nun an hatten wir einen festen Tag in der Woche. Einmal bei ihr, einmal bei mir zuhause. Und immer gab es Tee und Kekse. Mathe war Nebensache. Jede ihrer Bewegungen liebte ich. Ich hielt die Luft an, wenn sie atmete. Wenn sie die Tasse zum Mund führte war es ein Fest, ihr zuzuschauen. Das änderte sich auch nicht, als sie plötzlich einen drei Jahre älteren festen Freund hatte. Ich war nur ihr Mathefreund. Aber wenn das alles war, was ich für sie sein konnte, dann wollte ich das sein. Hauptsache, ich konnte ihre Nähe erleben. S. war meine große – für mich unerreichbare – Liebe meiner späten Teenagerjahre.
Der Abiturient dudelte auf seinem Plattenspieler das Stück rauf und runter. Duran Duran gehörte zu den New Romantics. Und ich fand den Titel unerhört wie auch ungewöhnlich. Dass er auf dem Schulfest glatt zwei Stunden ununterbrochen gespielt wurde, machte ihn nicht gefälliger. – Gefallen hatte ich an S. Sie war das schönste Mädchen unseres Jahrgangs. Die vollen zwei Stunden, die der Titel gespielt wurde, starrte ich sie an. Nicht nur ich. Alle wollten S. Lange, dunkelblonde Haare. Rehbraune Augen. Ein wundervolles Gesicht. Als wir im neuen Jahrgang ins Kurssystem kamen, hatten wir zusammen Gemeinschaftskunde. Ich habe alles dafür getan, neben ihr zu sitzen. Ich konnte mich neben ihr nicht auf den Unterricht konzentrieren. Die Stunden waren schön. Allein der Lehrer hatte gestört. Einmal wurden Arbeitsblätter ausgeteilt. S. gab die Papiere von links kommend an mich weiter. Und ich war so elektrisiert, von ihr einen Stapel Arbeitsblätter in die Hand zu erhalten, dass ich vergaß, den Papierstapel nach rechts weiterzureichen. Der Lehrer tadelte mich, dass ich so unaufmerksam war. Aber er irrte sich. Auf das wirklich wichtige war mein ganzes Augenmerk gerichtet: S. Dass ich mehrere Punkte in meiner Kursleistung abgerutscht war, erschien mir als ein tragbarer Kollateralschaden meiner Verliebtheit. Als ich mitbekam, wie sie wegen einer missglückten Mathearbeit weinte, war mein Tag gekommen: „Ich gebe dir Nachhilfe.“ Von nun an hatten wir einen festen Tag in der Woche. Einmal bei ihr, einmal bei mir zuhause. Und immer gab es Tee und Kekse. Mathe war Nebensache. Jede ihrer Bewegungen liebte ich. Ich hielt die Luft an, wenn sie atmete. Wenn sie die Tasse zum Mund führte war es ein Fest, ihr zuzuschauen. Das änderte sich auch nicht, als sie plötzlich einen drei Jahre älteren festen Freund hatte. Ich war nur ihr Mathefreund. Aber wenn das alles war, was ich für sie sein konnte, dann wollte ich das sein. Hauptsache, ich konnte ihre Nähe erleben. S. war meine große – für mich unerreichbare – Liebe meiner späten Teenagerjahre.